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Katrin „Tinka“ Oschmann fährt einen Wechselbrückenzug für die Spedition Höhner aus Weyerbusch. Trotz Medienpräsenz hat sie ihre natürliche Art behalten. Nun machte sie tolle Imagewerbung im ZDF.

Die Sonne lacht in diesem März schon ziemlich früh über das weite Betriebsgelände der Spedition Höhner in Weyerbusch – und über die stolze Phalanx der neuen Scania mit der dezenten weißblauen Lackierung. Es ist Samstag, eigentlich ein langes Wochenende, doch Katrin Oschmann (32), von Familie und Freunden seit jeher nur „Tinka“ genannt, ist schnell aus Hirtscheid zur Firma gekommen. Es ist das zweite FERNFAHRER-Gespräch mit ihr innerhalb von drei Jahren. Nur die Kulisse hat sich um eine Lkw-Baureihe geändert.

„Himmel auf Rädern“ hieß in FERNFAHRER 6/2016 das Speditionsporträt über das alteingesessene Familienunternehmen aus dem Westerwald. Tinka war damals schon als Fahrerin dabei, nachzulesen ebenfalls im Report „Hahn im Höhnerstall“ auf eurotransport. de. Die gelernte Kosmetikerin aus Thüringen war bereits 2007 ihren beiden Brüdern
Jens und Heiko in den Westerwald gefolgt. Über sieben Jahre war sie in verschiedenen Berufen tätig, bis sie, auch als gelegentliche Beifahrerin ihrer Brüder, ihre wahre Berufung erkannte: „Ich wollte, wie mein Bruder, selber Lkw fahren.“

Dank einer verständnisvollen Sachbearbeiterin der für sie zuständigen Arbeitsagentur erhielt sie 2015 die Chance auf eine dreimonatige Umschulung zur Berufskraftfahrerin. Im Juni wurde sie bei Höhner eingestellt. „Zwei Touren bin ich bei meinem Bruder zuerst in dessen Wechselbrückenzug mitgefahren“, erinnert sich Tinka. „Danach noch eine Tour, bei der wir beide mit unseren Lastwagen zusammen dieselben Kunden angefahren sind. Und dann hatte ich bereits meinen ersten eigenen Lkw.“

Es ist ein Scania R 450 Topline, den Tinka liebevoll „Meggie“ tauft. Von Montag bis Freitag wird er ihr Zuhause. Sie transportiert Drogerieware und Haushaltsartikel im Regional- und Fernverkehr, oft nach Süddeutschland, mittlerweile gelegentlich nach Thüringen, wo sie dann die Zeit bekommt, eine Nacht bei ihrer Mutter zu verbringen. Sie gewinnt sofort die Herzen der Kollegen und der Kunden durch ihre lockere Art, ihre Unbekümmertheit, aber vor allem durch ihr praktisches Können – unterwegs auf der Straße, aber eben auch an den vielen Rampen, wo sie das Rangieren beherrscht und einfach im Umgang mit dem Personal vor Ort immer den richtigen Ton trifft. „Ja“, sagt sie, „es gibt für mich natürlich gelegentlich einen Frauenbonus. Aber ich mache meine Arbeit so zuverlässig wie alle Fahrer bei Höhner. Punkt.“

Dann wird sie 2016 auf Facebook von den Produzenten einer neuen TV-Serie auf Kabel 1 entdeckt und gecastet. Bald danach ist sie zum ersten Mal bei den „Trucker Babes“ zu sehen. Dort, wo „400 PS in Frauenhand“ sind. Unter den verschiedenen Frauentypenist sie das „Küken“. Und gewinnt in dieser Rolle sofort die Herzen der Zuschauer. „Mein Chef Marc Höhner und mein Fuhrparkleiter Matthias Hassel haben mich dabei immer unterstützt und in Absprache mit der TV-Redaktion dafür gesorgt, dass die Darstellung unserer Arbeit immer korrekt ist.“

Diskussionen – besonders unter Lkw-Fahrern – über Handys am Steuer und unflätige Ausdrucksweisen so mancher „Trucker Babes“ trägt sie mit Fassung. „Ich bin so geblieben, wie ich bin“, versichert sie. Mit dem Titel der Sendung hat sie zwar ihre Probleme, nicht aber mit der Botschaft, dass Frauen im Transport auch einen verdammt guten Job machen. Und dann muss sie doch lachen: „Keiner will die Sendung gesehen haben, aber trotzdem erzielt sie super Quoten.“

„Frauenpower“ steht auf der Stoßstange ihrer Krone-Lafette geschrieben. Das hat einen einfachen Grund: „Viele meiner männlichen Kollegen bei Höhner bekommen enttäuschte Blicke, wenn sie überholt werden. Bei mir sitzt vorne drin, was hinten draufsteht.“ Klar, Autogrammkarten hat sie mittlerweile, die werden stark nachgefragt, und nun macht sie, die gelernte Kosmetikerin, seit der vergangenen IAA nebenbei Promotion für Sonax, die auch Pflegemittel für Lkw im Programm haben. Das passt natürlich. „Dadurch komme ich vor allem umsonst auf die Festivals.“ Und kann dorthin ihren Lebensgefährten mitnehmen, der – ein offenes Geheimnis – Disponent bei Höhner ist. Der erste Mann, der, wie sie sagt, dafür Verständnis habe, dass sie die ganze Woche im Lkw unterwegs sei. „So können wir an diesen Wochenenden gemeinsam unserem Hobby nachgehen.“ In Geiselwind wird sie sein, beim Truck-Grand-Prix, auf der NUFAM und natürlich „ihrem“ Stöffelpark im heimischen Westerwald.

Doch der vorläufige Ritterschlag für die junge TV-Karriere kam in diesem Jahr. In ihrem neuen Scania R 500, ihrer „Lotte“, durfte sie Eric Mayer, dem Moderator der ZDF-Sendung „Pur+“, einen Tag lang zeigen, wie sich das Leben hinterm Steuer für sie anfühlt. Aus dem Beitrag ist ein wunderbarer Imagefilm über die Transportbranche geworden, einschließlich einer eindrucksvollen Demonstration des toten Winkels. „Bis heute bekommen ich Briefe von Kindern in die Spedition. Das ist schon toll.“

Nur das Schicksal ihrer „Meggie“ stimmt sie traurig. „Nachdem ich meinen neuen Scania bekommen habe, fuhr ein Kollege noch mit ihr. An einer Rampe ist ihm ein anderer Lkw rückwärts reingefahren und hat das Fahrerhaus stark eingedrückt. Die Spedition musste meinen Bruder bitten, es mir zu sagen. Sonst hat es sich keiner getraut.“